Im Gedicht Fragen eines lesenden Arbeiters übt Bertolt Brecht Kritik an der Geschichtsschreibung. Die Ironie ist aber die, dass Brecht noch mehr Grund für seine Kritik an der Geschichtsschreibung gehabt hätte, wenn er sich auf norwegische Texte bezogen hätte.
Wieso das? Öffnen Sie diese Masterarbeit: Kirkebygging i Norge ca. 900–1100, und suchen Sie (mit ctrl/cmd F) Vorkommen von bygde.
Eines von vielen Beispielen: …at Harald Hardråde bygde en Mariakirke i Nidaros.
Snorri Sturluson, hingegen, in Saga Ólafs hins helga, schreibt konsequent etwa: Hann lét þar gera kirkjur ok vígja, ok setti kennimenn til.
Von diesem altnorwegischen Muster hat sich das Norwegische inzwischen entfernt, aber das Deutsche hat daran festgehalten:
…dass Harald Hardrade in Nidaros eine Marienkirche bauen ließ.
Denn, so denkt man auf deutsch: wer hat die Kirche gebaut? Der König, Harald, bestimmt nicht. Auf norwegisch verschmelzen der König und die, die es tatsächlich taten, in der Subjektfunktion des Verbs, hier bauen, aber auf deutsch fügt man, wenn man die Rolle des Königs besetzen möchte, das kausative Hilfsverb lassen hinzu, mit dem König als Subjekt, wobei die Handwerker, ob Sklaven oder Freie, also das Agens des Verbs bauen, von der Subjektfunktion verdrängt werden.
Sie könnten in einer Agensphrase ein Comeback machen: …dass Harald in Nidaros von ansässigen Steinmetzen eine Marienkirche bauen ließ. Das hat das Kausativ (lassen + Infinitiv) mit dem Passiv (werden + Perfektpartizip) gemeinsam: Agens weg – eventuell als PP (von/durch) neu eingebunden.
Und wie wäre dieser ganz normale norwegische Satz ins Deutsche zu übersetzen?
Hun har måttet trekke alle fire visdomstennene.
Sie hat sich alle vier Weisheitszähne ziehen ??(lassen) müssen.