Referat und Übersetzung

Wenn man aus einer Sprache – der Ausgangssprache, oder Quellsprache – in eine andere – die Zielsprache – übersetzt, sieht man sich nicht selten vor die Herausforderung gestellt, dass einem die Ausrüstung nicht ausreicht. Denn es kommt nicht selten vor, dass ein Baustein oder ein Werkzeug – ein Ausdrucksmittel, eine sprachliche ‘Ressource’ – die es in der Quellsprache gibt, in der Zielsprache keine direkte Entsprechung hat.

Was dann tun? Wir schauen uns heute einige Beispiele für solche Asymmetrien an sowie dafür, wie sie ausgeglichen – oder ‘kompensiert’ – werden können.

Belangloses Beispiel 1: Das (Standard-)Deutsche hat keinen Aspekt

Das Englische aber. Aus OMC:

(1)  I waited for two days with my father when he was dying, and wanted him to tell me that he loved me. (EO)

(2)  Ich habe zwei Tage am Sterbebett meines Vaters gesessen und mir gewünscht, dass er mir sagt, dass er mich liebt. (DÜ)

Eine ‘direkte’ Übersetzung gibt es nicht, der Weg des geringsten Widerstandes – “als er starb” – würde nicht gut funktionieren.

(3)  As the Jaguar crested the headland Neil Pascoe was dumping rubbish into one of the two dustbins outside the caravan… (EO)

(4)  Als der Jaguar die Hügelkuppe überquerte, stopfte Neil Pascoe gerade Abfall in eine der beiden Mülltonnen neben dem Wohnwagen… (DÜ)

Zum Ausgleich wird hier das ‘aspektuelle’ Adverb gerade eingesetzt.

Belangloses Beispiel 2: Keine any/some-Unterscheidung im Deutschen

(5) ist eindeutig, aber die direkteste Übersetzung ins Deutsche wäre doppeldeutig:

(5)  Neville almost always forgot to pack something.

(6)  Neville vergaß beim Packen fast immer irgendwas.

Der ‘Ausgleich’ kommt hier dadurch zustande, dass als Objekt des Verbs vergessen kein Infinitivsatz, sondern das Indefinitpronomen dient, das sonst als Objekt des Verbs packen im Infinitivsatz dienen würde – so dass es nicht mehr im Skopus der in jenem Verb impliziten Negation sein kann.

Belangvolles Beispiel 1: Kompensatorische Referatindikatoren sprechsprachlich

Sehen wir uns zunächst einmal ein paar mündlich geprägte Textauszüge an, um ein Gespür für den Bedarf an Ausgleich zu bekommen, wenn wir Übersetzungsversuche machen:

(7)  So ist das jetzt auch auf der Arbeit, die Ausbilderin war auf einmal voll sauer auf mich, ich hätte auf alles eine Ausrede und keine Lust auf den Job, motorisch bin ich auch nicht so die Wucht, aber mir macht es trotzdem Spaß. Nie hat sie was gesagt, aber jetzt die letzten 1 1/2 Monate mache ich alles falsch, nichts ist richtig und ich zeige kein Interesse an der Arbeit, das stimmt nicht, ich habe im Moment Probleme/mein Vater ist weiter weggezogen und Lernprobleme. Aber mir wurde jetzt nahe gelegt, innerhalb von diesem Wochenende zu entscheiden, ob ich die Ausbildung nicht abbrechen will. Die Ausbilderin war voll ausgeflippt, alles würde ich mit Unlust machen, das stimmt nicht so. 

==> hun opplæringsansvarlige var plutselig kjempesur på meg, jeg hadde…

==> hun opplæringsansvarlige klikka helt, alt gjorde jeg…

(8) Ich habe ihn von mir weggestoßen, und ihn angebrüllt, lass mich in Ruhe. Er machte weiter, und ich habe ihm eine Ohrfeige verpasst. Ich wusste mir nicht anders zu helfen. Die Kleine fing zu weinen an, und ich hab ihn weiter angeschrien. Kurz später kamen mein bald Mann und mein Schwiegervater die Treppe hoch gerannt, und schmissen den Schwager raus.
Mein fast Mann hat die Polizei angerufen, und wir haben Anzeige erstattet. Anstatt das mir meine Schwägerin dankbar wäre, und auch für sich Konsequenzen zu ziehen, ist sie sauer auf mich, ich hätte ihn verführen wollen (ne ist klar, nebenbei wickel ich das Baby#klatsch), und ich solle mich mal nicht so anstellen #klatsch.

==> Og svigerinna mi da, i stedet for å være takknemlig og ta det litt til seg, så er hun sur på meg, jeg ville… og jeg skal ikke holde på sånn…

Etwas werden wir uns hier einfallen lassen – das wird sich aber kaum auf schriftlich geprägte Texte, wie etwa Presseberichte, übertragen lassen.

Belangvolles Beispiel 2: Kompensatorische Referatindikatoren schriftsprachlich

Was wir im folgenden Textpaar beobachten können, ist, dass dem Referatindikator Konjunktiv mehrfach ausgleichende Redeanzeigen oder einem ‘Zitatstrich’ folgende direkte Reden entsprechen. Hier sind nur diese – die sich also im deutschen Text nicht wiederfinden – mit Farbcodes markiert.

Schulschließung beschlossen

Mit knappstmöglicher Mehrheit beschloss der Gemeinderat Königsbronn am Mittwoch, die Dorfschule Itzelberg, die derzeit nur noch 43 Schüler hat, zum Ende des Schuljahres zu schließen.

«Beschließen wir die Schließung, beschließen wir gleichzeitig die Entvölkerung des Dorfes,» warnte Priska Hinz (Grüne) in der langen und erregten Debatte. Den von Eltern und Schülern in Schreiben an den Gemeinderat vorgeführten Argumenten sei großes Gewicht beizumessen.

Claus Plate (FDP) stimmte zu, dass die Schulschließung zu einem Bevölkerungsrückgang im Dorf führen könne. Aus zwei Gründen aber wolle seine Fraktion doch für den Vorschlag des Gemeindeoberhaupts stimmen: zum ersten, weil die Schule zu klein sei, um den Schüler*innen ein gutes fachliches und soziales Angebot zu sichern, zum zweiten, weil es der Gemeinde das Geld fehle, um den Schulbetrieb weiter aufrechtzuerhalten.

Die Ansprache Plates löste eine heftige Debatte aus. "Schlicht merkwürdig" fand es Jana Schimke (CDU), wenn man sich nicht leisten könne, Kindern und Jugendlichen in der ganzen Gemeinde ein gleichwertiges und gutes Schulangebot zu gewährleisten.

Als "geradezu unanständig" schmetterte Julia Leidl (SPD) Behauptungen ab, Itzelbergschüler*innen hätten ein schlechteres fachliches und soziales Angebot als Schüler*innen anderer Schulen in der Gemeinde. Viele kleine Schulen, nicht nur in Heidenheim, würden in landesweiten Tests sehr gut abschneiden. Auch könne, wie man wisse, die Busfahrt durch den Wald zuweilen eine riskante Angelegenheit sein, schloss die SPDlerin mit ernster Stimme ihre Ansprache.

Vedtok skolenedlegging

Med knappest mulig flertall vedtok kommunestyret i Os onsdag å legge ned Fjørøy barneskole, som nå har 31 elever, fra høsten.

Debatten var lang og hard. – Vedtar vi å legge ned skolen, vedtar vi samtidig avfolking av Fjørøy, advarte Line Sanden (SV) som la til at kommunestyret burde legge stor vekt på å lytte til hva elever og foresatte på øya hadde uttalt i egne brev til kommunestyret.

Vilde Nerli (Sentrumslista) sa seg enig i at skolenedlegging kunne føre til befolkningsnedgang på øya. – Det er to grunner til at vi likevel vil stemme for kommunedirektørens forslag til vedtak: For det første mener vi at skolen er for liten til at vi kan gi elevene et godt faglig og sosialt tilbud. For det andre har ikke kommunen nok penger til å opprettholde skoletilbudet lenger.

Nerlis innlegg førte til opphetet debatt. – Jeg finner det rett og slett merkelig at vi ikke skal ha råd til å gi barn og unge i hele kommunen vår et likeverdig og godt skoletilbud, sa Peder Rød (H).

– Det er direkte ufint å påstå at elever på Fjørøy har et dårligere faglig og sosialt tilbud enn elever på andre skoler i kommunen, tordnet Harald Ås (Sp). Han viste til at mange små skoler i flere fylker gjør det svært bra på nasjonale prøver. Med alvorlig stemme minte han til slutt om at båtreise til fastlandet til tider kan være en farefull ferd.