Hausaufgabe 2020 II

Der unten wiedergegebene Text ist die erste Hälfte der am 5. April 2020 in der Zeit veröffentlichten Besprechung der neuen Tatortfolge Die Zeit ist gekommen. Darauf beziehen sich die vier Fragestellungen, die alle zu bearbeiten sind:

1  Da kommt genau ein subjektloser Passivsatz vor. Analysieren Sie diesen Satz und erklären Sie, warum er bei Norwegischsprachigen auf Verständnisschwierigkeiten stoßen kann.

2  Der Text weist eine lassen-Konstruktion mit einer Agensphrase auf. Erläutern Sie, wie diese Konstruktion zwei Lesarten haben kann, und erwägen Sie entsprechende norwegische Übersetzungen.

3  Zwei mit was eingeleitete Nebensätze kommen im Text vor. Was für Nebensätze sind das, und wie unterscheiden sie sich?

4  Der zweite Absatz ("Ein Charakter, ...") enthält gleich drei Fälle der sog. Rattenfängerei – erklären Sie diesen Begriff anhand des ersten und dritten Falles, und erörtern Sie, was es mit dem zweiten Fall Besonderes auf sich hat.


"Tatort" Dresden : Halten Sie bitte Abstand

Die Hitze des letzten Sommers scheint dem Dresdner "Tatort" nicht gutgetan zu haben. Er erleidet einen erzählerischen Schwächeanfall und erholt sich nicht mehr davon.

Von Matthias Dell

Wie der Zufall so spielt. Der neue Dresdner Tatort: Die Zeit ist gekommen(MDR-Redaktion: Sven Döbler, Degeto-Redaktion: Birgit Titze) wird gerade drei Wochen nach dem Berliner Tatort: Das perfekte Verbrechen Links to an external site.ausgestrahlt. An beiden hat Michael Comtesse als Drehbuchautor mitgewirkt – in Berlin allein, in Dresden zusammen mit Stefanie Veith. Aber während in der Hauptstadt um Elitismus bemühte Reichenkinder das Superduper-Verbrechen in Theorie und Praxis durchspielen wollten, trifft die Betrachterin in Elbflorenz auf Louis Bürger.

Ein Charakter, an dem Hans Wer einmal aus dem Blechnapf frisst Fallada seine Freude gehabt hätte. Wenn man das so sagen kann. Denn das Leben dieses Louis Bürger ist kein stetes Bergauf, als das man sich die bürgerliche Karriere ausmalen mag. Es handelt sich vielmehr um eine Wellenbewegung auf überschaubarem Niveau: schon mal im Gefängnis gewesen, Kind im Heim, weil das die Aufputschmittel genommen hatte, von denen Louis und Frau Anna (Katia Fellin) seinerzeit noch abhängig waren. Und alle Auswege sehen immer nur wie Sackgassen aus.

Max Riemelt spielt diesen Kleinganoven, der in der einen Sekunde verspricht, was er in der nächsten schon nicht mehr hält, durchaus zupackend. Allerdings auch sehr kontrolliert – das eigentliche Drama, das von einem Bruder Leichtfuß wie Louis Bürger ausgehen könnte, das dauernde Hin und Her, den permanenten Stress, den er verbreitet, federt Riemelts Darstellung ab. Damit verschenkt der Tatort die Milieustudie, die er hätte auch sein können.

Die Zeit ist gekommen (Regie: Stephan Lacant) hält sich allerdings lange viele andere Möglichkeiten offen. Tot ist Landrock, ein "Kollege von der Motorradpolizei" (Revierleiter Schnabel), als Tatwaffe steht der Baseballschläger des Bürger-Kindes im Raum, an dem sich die Fingerabdrücke des Bürger-Louis finden. Weil der sich zu Unrecht verhaftet sieht, verletzt er sich selbst und lässt sich dann von seiner Braut Anna aus dem Krankenhaus befreien.

Danach soll es per Flucht ans Meer gehen. Vorher muss freilich noch Kind Tim (Claude Albert Heinrich) aus dem Heim geholt werden. Was sich auch die Kommissarinnen Gorniak (Karin Hanczewski) und Winkler (Cornelia Gröschel) denken können, weshalb der Tatort nach einer Viertelstunde das Verbrechensregister wechselt – die Mordermittlung rückt in den Hintergrund, eine Geiselnahme Links to an external site. übernimmt. Neben der Heimleiterin ist ein Teenager in der Gewalt der Bürgers; dazu kommen zwei Mädchen unterm Dach, die im Hause gefangen sind.

Natürlich haben beide Straftaten miteinander zu tun, wie an der Forderung zu sehen ist, die Louis Bürger gegenüber Gorniak nach einer halben Stunde endlich formuliert kriegt: "Wir kommen hier erst raus, wenn ihr wisst, wer's war." Darin lauert zwar auch ein Widerspruch, weil Bürger sich mit der Flucht aus dem Krankenhaus und der Geiselnahme im Kinderheim schon lange auf anderen Feldern schuldig gemacht hat. Aber das ließe sich mit dem Dilettantismus, der von dieser Figur ausgeht, problemlos entschuldigen und mit der Aussicht auf etwas Tragik aufs dicke Ende hinausschieben.

Viel irritierender ist dagegen, dass der Tatort ab diesem Zeitpunkt erzählerisch eine Art Schwächeanfall erleidet und sich davon bis zum Ende nicht mehr erholt. Als ob die Hitze, in der letzten Sommer gedreht wurde und die Schnabel (Martin Brambach Links to an external site.) zu einigen hübsch verzagten Taschentuchtupfereien animiert, der Fantasie und Fabulierlust so arg zu schaffen machte, dass nichts mehr geht. Beziehungsweise vieles durcheinander.