Betrachten Sie die unten stehenden Auszüge aus der Dankesrede von Claudio Magris anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels am 18. Oktober, sowie die entsprechenden Absätze der Übersetzung ins Norwegische von Per Haddal.
1. Relativsätze
Die zwei ersten Absätze des deutschen Textes ("Der dritte…ihrer Brutalität.") weist sechs Relativsätze auf, die alle durch die Relativpronomenform "die" eingeleitet werden. Bestimmen Sie in jedem der sechs Fälle den Kasus dieser Form.
Der Relativsatz, mit dem der dritte Absatz des deutschen Textes ("Es ist leicht…Krieg nennen.") endet, wird durch das Relativpronomen "was" eingeleitet. Begründen Sie dies.
Die norwegische Übersetzung der Nominalphrase "das, was wir traditionsgemäß Krieg nennen" ist "det vi tradisjonelt kaller krig". Hätte Magris entsprechend auch "das, wir traditionsgemäß Krieg nennen" sagen können? Begründen Sie die Antwort.
2. Präpositionen
Der erste mit "die" eingeleitete Relativsatz im zweiten Absatz des deutschen Textes ("Heute sind…ihrer Brutalität.") steht im Aktiv. Setzen Sie ihn ins Passiv um.
Der erste Relativsatz im norwegischen Text ("som hundretusener…kjemper om") gibt das sogenannte Partizipattribut "von Hunderttausenden von Soldaten umkämpfte" wieder, wo "umkämpfte" das flektierte Perfektpartizip des transitiven Verbs "umkämpfen" ist. Übersetzen Sie den norwegischen Relativsatz möglichst direkt ins Deutsche zurück, indem Sie also einen Relativsatz mit dem Verb "kämpfen" und der Präposition "um" verwenden. Begründen Sie den Wortstellungsunterschied zwischen dem norwegischen und dem deutschen Relativsatz.
Der zweitletzte Absatz des norwegischen Textes ("Mange utopier…muren vekk.") weist zwei Fälle der Wortkette "på at" auf. Der zweite Fall hat zwar hier keine deutsche Vorlage – die Übersetzung geht über die Auszüge aus der Originalrede hinaus. Übersetzen Sie den Satz, also "Endringer må også komme selv om alt tyder på at dette er umulig.", ins Deutsche, und begründen Sie die Art, wie Sie dabei mit "på" umgehen.
Deutscher Text
"Der dritte Weltkrieg hat stattgefunden, auch wenn die meisten Europäer das Glück hatten, nicht den Blutzoll zahlen zu müssen. Ungefähr 20 Millionen Tote nach 1945 – die, im Unterschied zu denen des Zweiten Weltkriegs, so gut wie unbekannt geblieben und einem brutalen Vergessen anheimgegeben sind. Wir wiegen uns in der Illusion, ohne Krieg zu leben, weil der Rhein keine von Hunderttausenden von Soldaten umkämpfte Grenze mehr ist, oder weil auf dem Karst hinter Triest nicht mehr diese Grenze verläuft, die der unüberwindbare Eiserne Vorhang war und ein Pulverfass zugleich. Diese Grenze meiner Kindheit und Jugend trennte nicht nur zwei politische Welten, sondern auch eine Mauer, um den Osten auszuschließen, den immer verachteten und gefürchteten Osten, oder, wie man sagte, "das andere Europa". Heute ist diese Grenze nicht aufgehoben, sondern nur verschoben, um einen anderen, noch östlicheren Osten auszuschließen. Eine Grenze, die nicht als Durchgang, sondern als Mauer, als Bollwerk gegen die Barbaren, erlebt wird, bildet ein latentes Kriegspotenzial.
Heute sind es andere Grenzen, die den Frieden bedrohen, bisweilen unsichtbare Grenzen im Innern unserer Städte, zwischen uns und den Neuankömmlingen aus allen Teilen der Welt, die wir kaum wahrnehmen, denn, wie es im Lied von Mackie Messer heißt: "die im Dunkeln sieht man nicht". Nicht nur an den italienischen Küsten landen Flüchtlinge, die man für räuberische Piraten hält. Die Reaktionen auf eine solche mit einer Invasion verwechselte Exilsuche sind hysterisch und symptomatisch in ihrer Brutalität."
"Es ist leicht und auch angebracht, die Unmenschlichkeit derjenigen zu kritisieren, welche die Einwanderer zurückweisen. Aber es könnte der Moment kommen, in dem die Anzahl unserer Mitmenschen auf der Welt, die mit Recht ihren unerträglichen Lebensumständen entfliehen wollen, derart zunimmt, dass sie buchstäblich keinen Platz mehr finden und damit untragbare Konflikte auslösen, in unvorhersehbaren Formen, die ebenfalls ganz anders sind als das, was wir traditionsgemäß Krieg nennen. […]
Viele Utopien von einem Paradies auf Erden sind verflogen, doch nicht verflogen ist die Forderung, dass die Welt nicht nur verwaltet, sondern vor allem auch verändert werden muss. "Ändere die Welt, sie braucht es!" forderte Bertolt Brecht."
Norwegische Übersetzung
"Den tredje verdenskrig har funnet sted, selv om de fleste europeere lykkeligvis slapp å måtte betale for den med blod. Omtrent 20 millioner er døde i krig etter 1945, så godt som alle på disse tapslistene er utsatt for en brutal glemsel. Vi vugger oss inn i illusjonen om å leve fri for krig, fordi Rhinen ikke lenger er en grense som hundretusener soldater kjemper om, eller fordi det i landskapet øst for Trieste ikke lenger finnes en urokkelig grense som jernteppet var. Grensen var også en kruttønne.
I dag er det andre grenser som truer freden, også usynlige grenser i våre byers indre, mellom oss og de nyankomne fra alle verdens hjørner som vi knapt enser. Det er ikke bare på Italias kyst at flyktninger som man mener er rovgriske pirater lander. Reaksjonene på en slik eksilvandring, som forveksles med invasjon, er i all sin brutalitet hysteriske og symptomatiske."
"Det er lett, og også riktig, å kritisiere umenneskeligheten til dem som viser innvandrere fra seg. Men det øyeblikk kan komme da tallet på medmennesker som med rette vil flykte fra uutholdelige levekår, øker så mye at det bokstavelig talt ikke finnes plass til dem mer. Dermed utløses konflikter i utgaver som er vanskelige å forutse, som iallfall blir helt annerledes enn det vi tradisjonelt kaller krig. […]
Mange utopier om et paradis på jorden er forsvunnet i løse luften, men ikke tanken på at verden ikke bare må forvaltes, men framfor alt forandres. Verden må forandres, den trenger det, krevde Bertolt Brecht. Endringer må også komme selv om alt tyder på at dette er umulig. I de første novemberdagene 1989 var den store protesten allerede i gang i Berlin. Men en ung østtysk regissør, som var med på protestene, sa at man ikke visste hvordan tingene ville ende. Dessverre ville Berlinmuren bestemt stå i mange år ennå. To eller tre dager senere var muren vekk.
Vi tror ikke på evigheten, men vi tror at samtiden varer evig."